„Ich fühle mich nicht vollends deutsch, jedoch weitgehend integriert“
Ich war neun Jahre alt, als wir im Mai 1988 aus Polen nach Deutschland kamen. Wir reisten als Spätaussiedler über Italien in die Bundesrepublik Deutschland ein. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass sich der Kommunismus in Polen dem Ende nähert. Jahrelang lebte unsere Familie in Bremerhaven, bis ich 2007 nach Berlin übersiedelte. Am Anfang gab es sicherlich sprachliche Schwierigkeiten, aber ich lernte relativ leicht die Sprache, da Kinder womöglich weniger Hemmungen haben. Natürlich vermisse ich meine polnische Familie, genauso wie die polnische Sprache, Kultur, das polnische Essen und die Mentalität der Polen. Ich habe Germanistik, Romanistik und Slawistik studiert und in Literaturwissenschaft über die literarische Geschichtsverarbeitung der deutsch-polnischen Nachbarschaft promoviert. Danach habe ich als Journalist gearbeitet und möchte meinen Lebensunterhalt auch gerne weiter mit Journalismus verdienen. Die beruflichen Ziele konnte ich bis jetzt nur zum Teil verwirklichen. Ich war mir für lange Zeit unsicher, wo ich überhaupt leben wollte, in Polen oder in Deutschland. In Deutschland fielen mir als erstes die Ordnung und Herzlichkeit auf, mitunter jedoch auch unbegründete Arroganz und Überheblichkeit. Typisch deutsch sind für mich die Sauberkeit, der Fleiß und die Pünktlichkeit. Aber auch eine gewisse emotionale Zurückhaltung.