„Dabei habe ich oft beobachtet, und davon war ich beeindruckt, dass in Deutschland Kulturprogramme für alle Menschen angeboten werden; dass es keine Rangordnung zwischen gesellschaftlichen Klassen gibt und alles für Alle zur Verfügung steht. Jede Art von Arbeit wird hier respektiert und darauf Wert gelegt.“
Mein Name ist Barakat. Ich wurde 1945 in der Stadt Hama in Syrien geboren.
An den Universitäten von Hama und Aleppo habe ich Kunstpädagogik studiert und später Malerei und Bildhauerei gelehrt. Darüber hinaus schrieb ich Rezensionen für Kunst-Fachzeitschriften in Syrien. In der schönen Altstadt von Hama hatte ich auch eine Galerie.
Zwei Jahre nach dem Beginn des Bürgerkriegs zog ich mit meiner Familie in ein Dorf um und lebte dort für weitere zwei Jahre. Mit der Ausbreitung des Bürgerkriegs waren wir 2015 schließlich gezwungen Syrien zu verlassen und gelangten, mit Hilfe in Europa lebender Verwandten, über das Mittelmeer, nach Europa. Meiner Tochter Dima gelang es, einige meiner Werke per Flugzeug nach Deutschland zu bringen. Es konnten insgesamt 150 meiner Werke, davon 20 Ölbilder, Papierwerke und Aquarelle, gerettet werden. Über den Zustand des Ateliers in Hama habe ich bis heute keine Kenntnis. In Deutschland angekommen, musste ich zuerst nervenaufreibende, bürokratische Aufgaben erledigen. Gleichzeitig versuchte ich Deutsch zu lernen, was mir aber sehr schwer fiel. Vielleicht ist mein Alter daran Schuld; vielleicht auch die vielen Strapazen des Bürgerkriegs und der Flucht. Jedenfalls haben die Erinnerungen der letzten Jahre, zusammen mit den Eindrücken in dieser neuen Umwelt, mich vielmehr zum Malen hingetrieben. In diesem Sinne ist Malen für mich eine Art Ausgleich für die Sprache. Zudem ist mir aufgefallen, dass man hier im Westen auch die „hässliche Kunst“ respektiert. Bilder und Objekte, die nicht unbedingt angenehm auf das Gemüt wirken. Das bedeutet vor allem, dass der Mensch ein zentrales Thema in der Kunst ist. Diese Perspektiverweiterung hat in Verbindung mit dem hiesigen Klima meine Malerei, insbesondere die Farbstimmungen, wohl beeinflusst. Der Mensch steht nämlich auch im Zentrum meiner Kunst, ja sogar ich selbst halte mich für einen in diesem Sinne Urmenschen, weil ich keine Bindung an materielle Dinge habe und nur das Wesentliche beobachte. Ich bin immer neugierig für alles, was den Menschen umgibt und suche in den Überschneidungen zwischen verschiedenen Themen und Aspekten des Lebens immer das Wesentliche. Ich liebe es, alle diese Eindrücke im expressionistisch abstrakten Stil zu malen. Meine erste Ausstellung in Deutschland fand mit Hilfe des Berliner Kunstpädagogen Hubert Schmidleitner und der Künstlerin Annette Prüfer in der Galerie der 100 Brücken in Kalbe statt. Das Künstlerpaar hatte über meinen Sohn mit mir Kontakt geknüpft. Seitdem habe ich sechs Ausstellungen meiner Werke in Deutschland organisiert und einige meiner Bilder zu zwei Gemeinschaftsausstellungen nach Kanada verschickt. Seit einiger Zeit suche ich nach einem Atelier mit günstiger Miete. Gleichzeitig versuche ich, die Kunstszene hier in Berlin kennenzulernen. Ich verbringe meine Zeit meist mit Kulturprogrammen, in dem ich Ausstellungen, Museen, Musikveranstaltungen oder auch Theater besuche.Dabei habe ich oft beobachtet, und davon war ich beeindruckt, dass in Deutschland Kulturprogramme für alle Menschen angeboten werden; dass es keine Rangordnung zwischen gesellschaftlichen Klassen gibt und alles für Alle zur Verfügung steht. Jede Art von Arbeit wird hier respektiert und darauf Wert gelegt. Diese Art Höflichkeit im Umgang mit Menschen finde ich ganz nett und typisch deutsch. Mittlerweile fühle ich mich wohl und heimisch in Deutschland und denke nicht daran, wo anders zu leben. Ich mag keine große Veränderung.