"Meine Musik will für Protest gegen die Unterdrückung Mut machen"
Mein Name ist Albert und ich bin Musiker. Geboren bin ich 1971 in Kamerun, dem zentralafrikanischen Land, das aufgrund seiner klimatischen Diversität als Kleinafrika bekannt ist. Seit 1472 stand Kamerun mit der Landung portugiesischer Seeleute unter europäischem Einfluss. Ab 1884 wurde es zu einer deutschen Kolonie, die 1919 durch den Versailler Vertrag zu 80% unter französischer und 20% unter englischer Verwaltung gestellt wurde. Daher sind Französisch und Englisch offizielle Landessprachen. Manche Ortsnamen, Grabinschriften oder Hinweisschilder erinnern auch noch an die deutsche Kolonialzeit. Ich lebte zwar in der englischen Verwaltungszone, spreche aber auch Französisch und natürlich die regionale ethnische Sprache. Generell wächst man in Kamerun multilingual auf. Ich habe acht Geschwister. Meine Mutter war Lehrerin und mein Vater Techniker. Er hatte eine deutsche Schule besucht, von denen es in Kamerun viele gibt. Das hat mehr mit dem französischen Schulsystem zu tun als mit der deutschen Kolonialzeit. Es gründet auf Ecole maternelle als eine staatliche Einrichtung mit Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsfunktion, die dem deutschen Kindergarten sehr ähnlich ist. Vielleicht deshalb, legte mein Vater viel Wert auf die Bildung seiner Kinder. Wenn wir Unsinn veranstalteten, schimpfte mein Vater mit uns auf Deutsch! Beruflich sind meine Schwestern meiner Mutter gefolgt. Meine Brüder sind, nach dem Vorbild meines Vaters, Ingenieure geworden. Gegen den Rat meines Vaters habe ich nach dem Abitur mit dem Studium der Politikwissenschaft und Jura angefangen und als Journalist in Kamerun erste Erfahrungen gemacht. Außerdem habe ich an Studienaustausch Programmen in Kanada und Finnland teilgenommen. Seit 2000 lebe ich in Deutschland. Die Arbeit als Journalist für die Printmedien, und natürlich das Herumkommen in der Welt, prägte mein demokratisches Bewusstsein und motivierte mich zu mehr politischer Aktivität. In der Folge nahm ich zunehmend eine kritische Haltung gegen den Staat in Kamerun ein und wurde in Abwesenheit zu drei Jahren Haft verurteilt. Ich bin Mitglied im politischen Ausschuss der SPD-Fraktion, habe eine deutsche Frau geheiratet und habe zwei Kinder. Meine Tochter hat schon Abitur gemacht und mein Sohn will Politikwissenschaft studieren. Ursprünglich war mein Plan, in England mein Studium abzuschließen, aber für meine Familie bin ich hier in Brandenburg geblieben. Inzwischen habe ich mein Studium in England abgeschlossen und arbeite hier als Supervisor für 17 Angestellte in einem Luxushotel. Seit meiner Studienzeit ist Musik meine Hobby: Popmusik mit Elementen aus Capoeira und Rap. Capoeira hat sich in über drei Jahrhunderten Kolonialzeit aus afrikanischen Tänzen, Töne und Kulte in Sklavengemeinschaften zu einer Art „Kampftanz“ entwickelt. Natürlich darf das Rap als schwarzes Element in meinen Songs nicht fehlen. Meine Musik will für Protest gegen die Unterdrückung Mut machen. Mein erster Sinneseindruck von Deutschland war der Geruch von Hot-Dog. Meine Lieblingsspeise sind aber Königsberger Klopse. Als meine Schwiegermutter mir die zum ersten Mal anbot, dachte ich, ich hätte nie im Leben etwas Besseres gegessen. Wichtig ist für mich die Anpassungsfähigkeit, denn Integration beruht immer auf Gegenseitigkeit und bedeutet, dass man im Gegenüber nur den Menschen, nicht die Farbe, das Geschlecht oder sonstiges sieht. An Deutschland, inzwischen meine zweite Heimat, mag ich den Ordnungssinn und die Pünktlichkeit. Hier kann man sich darauf verlassen, dass Grenzen von jedem eingehalten und Freiheiten jedem gewährt werden. Das gibt ein gutes Gefühl von Sicherheit und kommt meinem ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl entgegen.